Binnengewässer sowie ihre angrenzenden Auen und Küstengewässer sind Hotspots der biologischen Vielfalt. Gleichzeitig gehören sie zu den weltweit am stärksten bedrohten Ökosystemen. Trotzdem stehen sie viel weniger im Fokus als terrestrische oder marine Ökosysteme. Der dramatische Rückgang der Biodiversitätin Binnengewässern betrifft nicht nur alle Ebenen der biologischen Vielfalt (Arten, Populationen, Lebensgemeinschaften, Lebensräume und Ökosysteme), sondern er beeinträchtigt auch Ökosystemfunktionen und -leistungen für die Menschen. Daraus ergeben sich direkte Konsequenzen für unsere Lebensgrundlagen und Lebensqualität. Rechtsvorschriften und andere Maßnahmen zum Erhalten und Fördern der Gewässerbiodiversität zeigen bisher keine ausreichende positive Wirkung. Deshalb ist es nötig, mit neuen oder noch zu entwickelnden Ansätzen einen umfassenden Schutz der Gewässerbiodiversität sicherzustellen. Die Biodiversitätsforschung ist daher gefordert, tragfähige Konzepte, geeignete Methoden und detaillierte Informationen zur Verfügung zu stellen. Vor diesem Hintergrund haben führende, in der aquatischen Biodiversitätsforschung engagierte Wissenschaftler*innen in Deutschland in einem intensiven Austauschprozess die hier vorliegende Forschungsagenda erarbeitet. Die übergeordneten Ziele der Agenda sind, den Zustand und die Entwicklung von Gewässerbiodiversität zu dokumentieren, ein mechanistisches Verständnis der Einflüsse von Steuerungsfaktoren und insbesondere anthropogener Belastungen zu erlangen, Prognosen für künftige Entwicklungen abzuleiten und Konzepte, Strategien sowie Maßnahmen für ein nachhaltiges Biodiversitätsmanagement in Deutschland und zur Erreichung nationaler, europäischer und globaler Biodiversitätsziele zu entwickeln. Neben naturwissenschaftlicher Expertise ist dabei die Einbindung ingenieur- und sozialwissenschaftlicher Forschung unabdingbar, um der gesellschaftlichen Wahrnehmung aquatischer biologischer Vielfalt und gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen Rechnung zu tragen sowie das gesamte Spektrum von Akteur*innen und Aktionsebenen zu integrieren. Eine nachhaltige Bewirtschaftung der Binnen- und Küstengewässer und wirksame Schutzkonzepte erfordern die Integration räumlich und zeitlich expliziten Wissens zu Vorkommen und Entwicklung der Gewässerbiodiversität. Hierzu müssen sowohl unerschlossene Datenquellen wie auch Monitoringdaten von Wasserrahmenrichtlinie und Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie zu Status und Veränderungen der Biodiversität systematisch erschlossen sowie kostenfrei und digital zugänglich gemacht werden.
Lebendiges Wasser: Forschungsagenda zur biologischen Vielfalt der Binnen- und Küstengewässer
Studie
Jähnig, S. C., Arlinghaus, R., Becks, L., Behrmann-Godel, J., Berendonk, T., Borchardt, D., Dutz, J., Freyhof, J., Gaedke, U., Geist, J., Gessner, M., Großart, H.-P., Haase, P., Hahn, H. J., Hering, D., Hölker, F., Jeschke, J., Jürgens, K., Kremp, A., Kube, S., Labrenz, M., Leese, F., Pätzig, M., Pauls, S., Piontek, J., Pusch, M., Schäfer, R. B., Schneider, J., Stöck, M., Straile, D., Suhling, F., Wagner, A., Weitere, M., Weithoff, G., Winkelmann, C., Worischka, S. (2019). Lebendiges Wasser: Forschungsagenda zur biologischen Vielfalt der Binnen- und Küstengewässer.
Veröffentlicht
: 2019
Erschienen in
: Lebendiges Wasser: Forschungsagenda zur biologischen Vielfalt der Binnen- und Küstengewässer