Fischereilicher Nutzen und gewässerökologische Auswirkungen des Besatzes mit Karpfen (Cyprinus carpio) in stehenden Gewässern: Ergebnisse und Schlussfolgerungen aktueller Ganzseeexperimente und Meta-Analysen

Populärwissenschaftlicher Artikel , Projekt Baggersee

Der Karpfen (Cyprinus carpio) gehört zu den bedeutendsten und wirtschaftlich wichtigsten Fischarten der heimischen Erwerbs- und Angelfischerei. Im Vergleich zu anderen Fischarten werden in Deutschland jährlich relativ große Karpfenmengen besetzt (Arlinghaus et al.2015), was zu einer engen Verzahnung zwischen der Teichwirtschaft und der Fangfischerei führt. Fischereilich ist Karpfenbesatz in den meisten Gewässern erforderlich, da die Art hierzulande nur sporadisch natürlich rekrutiert und ohne Besatz sowohl aus dem Gewässer als auch aus den Fängen verschwinden würde. Naturschutzfachlich wird dagegen das Vorkommen von Karpfen in Oberflächengewässern grundsätzlich kritisch gesehen (z. B. NABU 2016). Zum Einen wird der Karpfen häufig noch immer als in Deutschland gebietsfremde oder nicht einheimische Art betrachtet. Dies ist unzutreffend. Der Karpfen ist im Donaueinzugsgebiet heimisch, und er hat nachweislich die obere Donau sowie die Oder- und Elbeeinzugsgebiete bereits zwischen dem sechsten und elften Jahrhundert besiedelt; spätestens seit dem 12./13. Jahrhundert ist der Karpfen in West- und Mitteleuropa etabliert und weit verbreitet (Hoffmann 1994, 1995). Er ist damit ein Archaeozoon (Arten, die vor 1492 durch den Menschen angesiedelt wurden und sich seit dem etabliert haben). Entsprechend ist der Karpfen gemäß Bundesnaturschutzgesetz als einheimisch und wegen der zunehmenden Belege der natürlichen Rekrutierung in der freien Natur (z. B. Arlinghaus et al. 2016a) auch nicht als gebietsfremd zu betrachten. Zum Anderen können hohe Karpfenbestände nachgewiesenermaßen gewässerökologische Konsequenzen haben und beispielsweise eine erhöhte Trübung oder den Rückgang submerser Makrophyten (ständig untergetauchte, höhere Wasserpflanzen) bewirken (Weber & Brown 2009; Vilizzi& Tarkan 2015, Vilizzi et al. 2015, Bajer et al. im Druck). Schließlich ist der Karpfen Nahrungskonkurrent zu anderen benthivoren (bodentierfressenden) Fischarten wie Schleie (Tinca tinca), Blei (Abramis brama) oder Aal (Anguilla anguilla) (Knösche et al. 2004, Vilizzi et al. 2015), wodurch je nach Bewirtschaftungsziel und persönlicher Einstellung eine negative Bewertung der Präsenz von Karpfen in Oberflächengewässern begründen kann.

Arlinghaus, R., Hühn, D., Pagel, T., Beck, M., Rapp, T., Wolter, C. (2017). Fischereilicher Nutzen und gewässerökologische Auswirkungen des Besatzes mit Karpfen (Cyprinus carpio) in stehenden Gewässern: Ergebnisse und Schlussfolgerungen aktueller Ganzseeexperimente und Meta-Analysen. Fischer & Fischmarkt in M-V, 1/2017, 36-46


Veröffentlicht : 2017
Erschienen in : Fischer & Fischmarkt in M-V, 1/2017, 36-46