Nordostdeutsche Angler im Vergleich – sozioökonomische Charakteristika, Einstellungen, Wahrnehmungen und Verhaltensweisen der Angler in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.

Master

Abstract - In vorliegender Arbeit werden Angler aus Berlin, Brandenburg und Mecklenburg- Vorpommern anhand ihrer sozioökonomischen Charakteristika, Verhaltensweisen, Einstellungen und Wahrnehmungen beschrieben und verglichen. Ziel ist es ein grundlegendes Verständnis der Anglerschaft im Nordosten Deutschlands zu schaffen, und durch die vergleichende Betrachtung auf Bundeslandebene, aber auch bundeslandübergreifend, Schlussfolgerungen für Politikentwicklung, Management und Tourismus in Hinblick auf die Angelei ableiten zu können. Zur Gewinnung der Daten diente einerseits eine schriftliche Befragung in Berlin und Brandenburg aus dem Jahr 2005, andererseits ein telefonisch-schriftlich kombiniertes Umfrageverfahren in Mecklenburg-Vorpommern in den Jahren 2006-2008. Die Daten beinhalten Nichtantwort-Verzerrungen, weshalb die antwortenden, in die Untersuchung eingehenden Angler tendenziell das aktivere Segment repräsentieren. Die Richtung und der Umfang der Verzerrungen werden jedoch dargestellt und diskutiert. Die Merkmale der Angler in den drei Bundesländern werden quantitativen und qualitativen Vergleichen unterzogen. Eine zentrale Annahme ist, dass das Angeln für Berliner Angler wichtiger ist als für Angler aus ländlichen Gebieten, und sie folglich spezialisierter sind, da sie ihr Hobby trotz erschwerter Bedingungen (Urbanisierung) praktizieren. Die Analyse zeigt jedoch, dass Unterschiede vor allem zwischen Berlin-Brandenburg einerseits, und Mecklenburg- Vorpommern andererseits, bestehen, Mecklenburger also deutlich weniger spezialisiert sind, da sie der Angelei einen geringeren Stellenwert einräumen, und deutlich weniger aktiv sind. Berliner und Brandenburger hingegen sind älter und realisieren höhere Ausgaben. Zudem sind sie aufgrund mangelnder Fänge und Fischkontakte in ihrem Angelverhalten gehemmter als Mecklenburger Angler. Im Schnitt sind alle Angler stark an großen und entnahmebereiten Fischen interessiert und bevorzugen das stationäre Angeln mit Naturködern an natürlichen Seen. Zudem nutzen sie dieselben Informationsquellen. Berliner und Mecklenburger Angler präferieren im Schnitt sich natürlich reproduzierende Fischarten, während Brandenburger Angler, abgesehen von Hechten, vornehmlich typische Satzfische bevorzugen. Beide sind im Vergleich zu Brandenburger Anglern deutlich seltener organisiert. In allen drei Bundesländern, besonders in M-V, sind zeitliche Hemmnisse ausschlaggebend. Berliner Angler weisen eine höhere Bildung und ein höheres Haushaltsnettoeinkommen auf als Brandenburger Angler. Sie zeigen auch eine deutlich höhere Urlaubsaktivität. Die beiden Anglerschaften, besonders Berliner, waren hinsichtlich ihres eigenen Einflusses auf die Gewässer und Fischbestände kaum selbstkritisch. Allerdings hielten sie sich, vor allem die Brandenburger, besonders gut geeignet für die Hege und Pflege. Berliner Angler präferierten im Vergleich zu Brandenburgern eher große, weiter entfernte und häufig berufsfischereilich genutzte Gewässer als Hauptgewässer. Sie waren auch tendenziell öfter anglerisch gehemmt, jedoch im Vergleich zu Brandenburgern seltener durch Fangaspekte. Zudem waren sie durchgängig leicht zufriedener. Brandenburger Angler hielten Besatz für erfolgsversprechender, während Berliner Angler Habitatverbesserungen für erfolgsversprechender hielten. Verschärfte Entnahmebestimmungen beurteilten die Angler beider Bundesländer als wenig zielführend. Aus den Ergebnissen wird geschlussfolgert, dass in Berlin und Brandenburg die Rahmen- und Einstiegsbedingungen der Angelfischerei verbessert werden sollten. Zudem könnte in Brandenburg vorhandenes touristisches Potential besser ausgeschöpft werden. Auch in M-V könnte der Angeltourismus attraktiver und nachhaltiger gestaltet werden, um z. B. ursprünglich ins Ausland fahrende Angler sowie Familienurlauber zu gewinnen. Dabei scheint aber eine Lenkung der touristischen Anglerströme essentiell, um punktuelle ökologische Belastungen zu vermeiden. Um die unterschiedlichen Bedürfnisse der Angler, z. B. einsame Naturerfahrungen, gesellige Angelerlebnisse, den Fang vieler entnahmebereiter Fische oder besonders großer Fische verschiedener Fischarten zu befriedigen, bietet es sich an, im Untersuchungsgebiet mittels verschiedener geeigneter Managementmaßnahmen eine vielfältig bewirtschaftete Gewässerlandschaft zu etablieren, die, kombiniert mit entsprechenden Dienstleistungsangeboten, eine Lenkung der touristischen und einheimischen Anglerströme ermöglicht. Somit kann auch potentiellen Konflikten mit anderen Nutzergruppen und negativen Einflüssen auf die Gewässerökosysteme vorbeugt werden. Ziel ist es also die Akzeptanz gegenüber den dafür teils notwendigen restriktiven, die Angler direkt einschränkenden Managementmaßnahmen zu erhöhen, und gleichzeitig selbstkritische Prozesse innerhalb der Anglerschaft zu fördern. Dafür ist in allen drei Bundesländern eine erweiterte Integration der Angler in Managementprozesse und -entscheidungen zielführend und dürfte mit dem Einsatz von fischereibiologisch und pädagogisch kompetenter Fachkräfte gut gelingen. Folglich ist eine erweiterte Rekrutierung und Einstellung solcher durch die entsprechend zuständigen Behörden und Verbände angeraten.

Ensinger, J. (2015). Nordostdeutsche Angler im Vergleich – sozioökonomische Charakteristika, Einstellungen, Wahrnehmungen und Verhaltensweisen der Angler in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Master Thesis, Humboldt-Universität zu Berlin / Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin


Veröffentlicht : 2015
Erschienen in : Master Thesis, Humboldt-Universität zu Berlin / Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin