Determinanten der anglerischen Fangbarkeit von Hechten (Esox lucius)

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Eine der beliebtesten Fischarten von Anglern in Deutschland ist der Hecht (Esox lucius). Angler bevorzugen häufig bestimmte Phänotypen, wodurch sie einen wesentlichen Einfluss auf Fischpopulationen durch selektive Entnahme ausüben können. Durch Ausprägung individueller Unterschiede in lebensgeschichtlichen und verhaltensbasierten Merkmalen kann Angelfischerei langfristig nicht nur auf wachstums- und größenkorrelierte Merkmale, sondern auch auf Verhaltenseigenschaften einen beträchtlichen Selektionsdruck ausüben. Dies hätte unter Umständen auch evolutionäre Effekte für die befischte Population zur Folge. Die vorliegende Arbeit untersuchte den Einfluss von juveniler Wachstumsrate, Totallänge und verschiedenen Verhaltenseigenschaften auf die individuelle anglerische Fangbarkeit von Hechten in einem kleinen natürlichen See. Basierend auf verschiedenen Befischungsphasen wurden dabei mehrere Fangbarkeitsmaße als abhängige Variable definiert. Für die Aufnahme von Verhaltensdaten wurden akustische Transmitter in Hechten (N = 61) implantiert, deren Signale von einem kabellosen akustischenTelemetriesystem kontinuierlich aufgenommen wurden. Anschließend wurde das Selektionspotential der Angelfischerei auf die erhobenen Merkmale ermittelt. Darüber hinaus wurde in standardisierten Angelexperimenten der Einfluss verschiedener Faktoren (z.B. Ködertyp und Angelstelle) auf den Fangerfolg untersucht. Die Ergebnisse zeigten zum Teil einen deutlichen Einfluss von lebensgeschichtlichen Merkmalen und Verhalten auf die individuelle Fangbarkeit. Explizit wurden größere, schneller wachsende, aktivere Individuen mit größeren Revieren eher gefangen als andere Artgenossen. Die Verhaltensmaße zeigten - bis auf wenige Ausnahmen - eine zeitliche Konsistenz. Unabhängig vom betrachteten Fangbarkeitsmaß und der Jahreszeit legten mit der Angel gefangene Hechte eine annährend doppelte tägliche Schwimmdistanz zurück und schwammen deutlich schneller. Weiterhin schienen vulnerable Hechte allgemein größere Bereiche des Sees abzudecken und sich weiter vom Ufer entfernt in riskanten pelagischen Bereichen aufzuhalten. Individuen, die im juvenilen Stadium schneller wuchsen und größer waren, gingen wahrscheinlich mehr Risiken ein und waren allgemein aktiver, wodurch die Wahrscheinlichkeit mit einem Angelköder in Kontakt zu kommen anstieg. Den größten Selektionsdruck übte die Angelfischerei auf die Totallänge aus, aber auch hinsichtlich der juvenilen Wachstumsrate und einiger Verhaltensmaße wurden hohe Selektionsgradienten ermittelt. Da lebensgeschichtliche Merkmale und auch das Verhalten sowie die Fangbarkeit selbst vererbbar sind, kann Angelfischerei mit der Zeit zu evolutionären Veränderungen dieser Merkmale führen. Weiterhin konnte im Rahmen von zwei standardisierten Angelexperimenten gezeigt werden, dass der verwendete Ködertyp und das befischte Habitat einen wesentlichen Einfluss auf den Fangerfolg des Anglers hat. Diese Arbeit liefert damit neue Erkenntnisse, u.a. für binnenfischereiliche Managementmaßnahmen, bei denen die vorgelegten Aspekte der Selektion gegen große Hechte und bestimmten Verhaltenseigenschaften durch Angelfischerei in Zukunft berücksichtigt werden sollten.

Pieterek, T. (2014). Determinanten der anglerischen Fangbarkeit von Hechten (Esox lucius). Master Thesis, Humboldt-Universität zu Berlin / Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) zu Berlin


Veröffentlicht : 2014
Erschienen in : Master Thesis, Humboldt-Universität zu Berlin / Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) zu Berlin