Schlupfzeitpunkt und Wachstum von 0+ Hechten (Esox lucius L.) im Kleinen Döllnsee

Eine wichtige Forschungsfrage in den Fischereiwissenschaften ist der Einfluss des Schlupfzeitpunktes bei Fischen auf deren Wachstums- und Überlebensvorteile. Diesbezügliche Untersuchungen an Hechten (Esox lucius) aus dem Freiland suchte man bisher vergeblich. In der vorliegenden Arbeit wurde anhand von Otolithen der Schlupfzeitpunkt, die Wachstumsrate sowie die Totallänge von 0+ Hechten im Kleinen Döllnsee (24 ha, schwach eutroph, Brandenburg) in den Jahren 2008-2010 untersucht. Die Beprobung erfolgte mittels Elektrofischfanggeräten im späten Frühling der jeweiligen Jahre. Die Analysen zeigen, dass der Larvenschlupf in den Jahren 2008 und 2010 in einem nahezu identischen Zeitraum stattfand (17.04/18.04-08.05.). Im Jahr 2009 hingegen fand dieser ca. zwei Wochen früher statt (04.04.-24.04) und ging mit höheren durchschnittlichen Wassertemperaturen im Frühjahr einher. Die Dauer des Larvenschlupfs wies in allen drei Jahren nur geringfügige Unterschiede auf. Im vergleichsweise warmen Frühjahr 2009 zeigten die früh geschlüpften Individuen ein signifikant höheres Wachstum, während in den kälteren Jahren 2008 und 2010 die später geschlüpften Tiere erhöhte Wachstumsraten aufwiesen. Diese unterschiedlichen Wachstumsraten resultierten in identischen Totallängen der 0+ Hechte im Juli im Jahr 2008, das gleichzeitig das kälteste Frühjahr und den wärmsten Frühsommer der drei Untersuchungsjahre darstellte. Die durchschnittliche referenzierte Totallänge im Juni betrug im wärmsten Untersuchungsjahr 2009 72 mm und war in diesem Jahr 13 mm höher als im kälteren Jahr 2010 (59 mm), bei annähernd identischen mittleren Wachstumsraten (0,88 mm/Tag in 2009 vs. 0,89 mm/Tag in 2010). Die beobachteten Längenunterschiede ergaben sich folglich aus der längeren Wachstumsphase sowie insgesamt deutlich höheren Wachstumsraten der früh geschlüpften 0+ Hechte im Jahr 2009. Die vorliegende Analyse indiziert einen substantiellen Einfluss der Frühjahrstemperatur auf den Zusammenhang zwischen Schlupfzeitpunkt, Wachstumsrate und Totallänge bei 0+Hechten. Ein früher Schlupfzeitpunkt ist in einem warmen Frühjahr von Vorteil, während bei kalten Frühjahrsperioden mit warmen Sommern zumindest kein Nachteil zu verzeichnen ist, da alle Fische unabhängig vom Laichzeitpunkt identische Totallängen im Sommer erreichten. Die lange Laichzeit sowie die Verteilung der Larvenproduktion über mehrere Wochen stellt vermutlich eine evolutionäre Anpassung dar, die Hechtpopulationen ermöglicht, stochastische Umweltbedingungen erfolgreich zu puffern.