Einfluss der Hälterung in sogenannten Karpfensäcken auf die primäre und sekundäre Stressantwort bei juvenilen Karpfen (Cyprinus carpio L.) in Abhängigkeit der Wassertemperatur

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Viele spezialisierte Friedfischangler verwenden in Europa und Nordamerika für die Hälterung von Karpfen (Cyprinus carpio L.) nach dem Fang sogenannte Karpfensäcke. Die Auswirkung des Karpfensackes als Hälterungseinrichtung sowie die Effekte der vor oder nach der Hälterung stattfindenden Luftexposition auf die primäre und sekundäre Stressreaktion von Karpfen in Abhängigkeit der Wassertemperatur sind weitgehend unbekannt. Im Labor wurden unter kontrollierten Bedingungen bei 12 und 22 °C Wassertemperatur jeweils acht Versuchsgruppen mit je 10 juvenilen Karpfen gebildet, die unterschiedlichen Versuchsabläufen ausgesetzt wurden, um anhand von Stressanzeigenden Blutparametern Aussagen über die Stressantworten der Karpfen in Bezug auf die Hälterungsdauer per se sowie den Effekt einer beim Angeln typischen Luftexposition zu erhalten. In einem weiteren Versuch wurde anhand unterschiedlicher Wasserparameter untersucht, wie sich die Wasserqualität im Verlauf der Hälterung von Karpfen (N = 8) im Karpfensack verändert, um festzustellen, ob diese als Stressor in Frage kommen. Die Hälterung im Karpfensack führte weitgehend unabhängig von der Wassertemperatur zu einer chronischen Stressreaktion, die sich sowohl bei geringen als auch bei hohen Wassertemperaturen in signifikant erhöhten Cortisol- (bis zu im Mittel 224,8ng/ml) und Glukosewerten (bis zu im Mittel 6,9 mmol/l) widerspiegelte. Veränderungen der Laktatkonzentration und des pH-Wertes bei den Karpfen als Reaktion auf einen simulierten Angeldrill wurden ebenfalls nachgewiesen und waren ein Beleg für die körperliche Verausgabung unter anaerobem Stoffwechsel, von der sich die Fische während der Hälterung erholten. Auswirkungen der Hälterung auf den Hämatokritwert wurden nicht nachgewiesen und Veränderungen des osmotischen Gleichgewichts, indiziert durch die Osmolalität und Ionenkonzentrationen (Ca2+, K+, Mg2+, Na+ und Cl¯) im Blutplasma waren gering. Die Wassertemperatur hatte keinen substantiellen Effekt auf die Stressreaktionen der juvenilen Karpfen. Untersuchungen zur Auswirkung der Luftexposition vor oder nach der Hälterung zeigten, dass ein Luftaufenthalt nach einer neunstündigen Hälterungsperiode den Fisch genau so stark belastet wie ein Angeldrill an sich. Die nachweisbaren Veränderungen der Wasserparameter während der Hälterung im Karpfensack waren insgesamt von geringem Ausmaß, könnten unter Feldbedingungen aber ausschlaggebendere Wirkung haben, vor allem die Sauerstoffzehrung im Karpfensack. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Hälterung von Karpfen im Karpfensack für die Tiere einen chronischen Stressor darstellt, obwohl sie sich körperlich von dem Fischdrill erholen, und dass durch die bei der Verwendung von Karpfensäcken in der Regel wiederholt stattfindende Luftexposition die Fische ähnlich einem Fischdrill körperlich belastet. Wahrscheinlich sind die insgesamt im Laufe der Hälterung im Karpfensack stattfindenden Stressreaktionen von den recht robusten Karpfen ohne größere Fitness-Einbußen tolerierbar. Um das Wohlbefinden von Karpfen aber insgesamt nicht unnötig zu beeinträchtigen, sollte von einer Hälterung im Karpfensack Abstand genommen werden, es sei denn, die Fische werden zur Erhaltung ihrer Frische vor dem Verzehr gehältert, z.B. an warmen Sommertagen.

Hallermann, J. (2010). Einfluss der Hälterung in sogenannten Karpfensäcken auf die primäre und sekundäre Stressantwort bei juvenilen Karpfen (Cyprinus carpio L.) in Abhängigkeit der Wassertemperatur. Master Thesis, Humboldt-Universität zu Berlin / Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin


Veröffentlicht : 2010
Erschienen in : Master Thesis, Humboldt-Universität zu Berlin / Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin