Habitatwahl und Aktivität des Hechtes (Esox lucius L.) im Kleinen Döllnsee: Eine radiotelemetrische Untersuchung

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Das Ziel der vorliegenden Studie war die Habitatwahl und Aktivität des Hechtes (Esox lucius L., ≥ 45 cm) in einem mesotrophen, kleinen Natursee (25 ha) in Nordost-Deutschland (Kleiner Döllnsee) zu untersuchen. Dazu wurden N = 20 Hechten Radiotransmitter implantiert, und die Aufenthalte mit Ortungsintervallen von drei Stunden wöchentlich in 24-h sowie in zwei 96-h Beobachtungszeiträumen im Zeitraum von Mai 2005 bis Februar 2006 aufgenommen. Die Habitate des Sees und die Ortungspunkte individueller Hechte wurden mit der Global Positioning Systems-Technik präzise erfasst. Die Distanz der Hechte zu emersen Makrophyten sowie die Selektionsquotienten der Habitate, die auf den individuellen Ortungspunkten basierten, wurden zur Bestimmung des saisonalen und diurnalen Aufenthaltes des Hechtes berechnet. Die Aktivität des Hechtes wurde durch die Nettobewegungen der Individuen in den Ortungsintervallen der einzelnen Ortungstage festgelegt. Die daraus resultierenden minimal stündlichen oder minimal täglichen Schwimmstrecken wurden in linearen gemischten Modellen auf Beeinflussung durch abiotische und biotische Variablen untersucht.Die Hechte im Kleinen Döllnsee zeigten über den gesamten Untersuchungszeitraum eine nichtzufällige räumliche Verteilung, die nicht mit der Verteilung der Beutefische zusammenhing. Das Revier des Hechtes (die Home Range) wurde in Abhängigkeit der Verteilungswahrscheinlichkeit des Aufenthaltes quantifiziert, und die Ortstreue zur Home Range durch Translokationsexperimente an N = 9 Hechten erstmalig nachgewiesen. Nach der Translokation schwammen alle Individuen innerhalb von 84 ± 16,2 h in ihr Revier zurück. Außer in den Sommermonaten, in denen die Hechte submerse Makrophyten präferierten, wurden im Versuchszeitraum emerse Makrophyten positiv selektiert. Die diurnale Betrachtung des Aufenthaltes des Hechtes zeigte größte Distanzen zu emersen Makrophyten sowie höchste Selektionsquotienten für das Pelagial in der Nacht. Eine Differenzierung der diurnalen Habitatwahl der Hechte im Sommer zeigte drei distinkte Habitatwahltypen, die jeweils aus mehreren Individuen ähnlicher Habitatwahl zusammengesetzt waren. Diese wurden als Habitatgeneralisten (N = 8), Schilfspezialisten (N = 5) und Krautspezialisten (N =4) charakterisiert. Die Hechte der drei Habitatwahltypen unterschieden sich signifikant in der Größe des Aufenthaltsbereiches und in der Aktivität. Die Aktivitätshöchstwerte der drei Typen waren zudem diurnal unterschiedlich verteilt und es wurde davon ausgegangen, dass drei Verhaltenstypen mit verschiedenen Jagdstratgegien im Kleinen Döllnsee existierten. Die vorliegende Studie ist die erste, die distinkte Verhaltensstrategien bei Hechten quantitativ belegt. Die Aktivität des Hechtes wurde neben den Unterschieden der Habitatwahltypen von der Totallänge des Individuums, dem Luftdruck, dem Mondstand und der Tageszeit beeinflusst. Zunehmende Totallänge, abnehmender Luftdruck, Vollmond und die Abenddämmerung forcierten die Aktivität des Hechtes. Es zeigte sich, dass bei der Erklärung der Aktivität des Hechtes die Ausprägung verschiedener Habitatwahltypen Wechselwirkungen mit anderen unabhängigen Variablen aufwies, und dass somit eine ganzheitliche Betrachtung der Einflüsse auf die Aktivität nur unter Berücksichtigung distinkter Verhaltenstypen möglich ist. Die Ausprägung von distinkten Verhaltenstypen ist aus ökologischer Sicht wahrscheinlich ein Prozess, der die Abundanz der Population durch Verringerung der intraspezifischen Konkurrenz bei gleichzeitiger verbesserter Nutzung der Ressourcen im System maximiert.

Kobler, A. (2007). Habitatwahl und Aktivität des Hechtes (Esox lucius L.) im Kleinen Döllnsee: Eine radiotelemetrische Untersuchung. Diploma Thesis, Universität Hohenheim Fakultät für Agrarbiologie / Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei


Veröffentlicht : 2007
Erschienen in : Diploma Thesis, Universität Hohenheim Fakultät für Agrarbiologie / Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei