Strukturierende Faktoren der litoralen Fischartengemeinschaften angelfischereilich bewirtschafteter Baggerseen in Niedersachsen

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Die Rolle biotischer und abiotischer Faktoren für die Zusammensetzung von Fischartengemeinschaften in Stillgewässern wurde bereits vielfach untersucht. Bisherige vergleichbare Analysen fokussierten jedoch zumeist auf große (> 50 ha) natürliche Gewässersysteme oder auf ausgewählte Habitate. Kleine, künstlich geschaffene Standgewässer, vor allem Abgrabungsgewässer, waren hingegen selten Gegenstand fischfaunistischer wissenschaftlicher Untersuchungen. In vorliegender Studie wurden die litoralen Fischbestände von 19 angelfischereilich bewirtschafteten, kleinen (0,69 bis 11,93 ha) und flachen (maximale Tiefe 1,1 bis 12,8 m) Baggerseen in Niedersachsen untersucht. Fischfaunistische Kennwerte wurden in den Jahren 2011 und 2012 mithilfe von Stellnetzen und Elektrofischerei quantifiziert. Die ermittelten Fischgemeinschaftskennzahlen wurden sodann auf lineare Zusammenhänge mit morphologischen und produktionsbiologischen Umweltvariablen und Charakteristika der Habitatstruktur getestet, um die strukturierenden Faktoren der Fischartengemeinschaft zu ermitteln. Die 19 Untersuchungsgewässer waren insgesamt artenreich (bis zu 19 Fischarten pro Gewässer, im Mittel 12 ± 3 Arten). Hecht (Esox lucius) und Karpfen (Cyprinus carpio) waren in allen Gewässern vertreten, Aal (Anguilla anguilla), Barsch (Perca fluviatilis), Plötze (Rutilus rutilus), Rotfeder (Scardinius erythrophthalmus) und Schleie (Tinca tinca) in 95% der Baggerseen. Standortuntypische, rheophile Arten wurden höchst selten angetroffen, ebenso nichtheimische Arten, was auf eine naturschutzfachlich nachhaltige Bewirtschaftung durch die Angelvereine hinweist. Biomasse und Abundanz der Fische im Litoral, vor allem der Barsche und Plötzen, korrelierten überwiegend positiv mit Anzeigern des Trophiestatus und der Gewässerproduktivität (Chlorophyll a, Gesamtphosphor und Sichttiefe), während Raubfischabundanzanteile zurückgingen. Zudem nahm den Erwartungen entsprechend mit steigendem Trophiegrad die mittlere Totallänge des Durchschnittsfisches in der Gemeinschaft ab. Auch die mittlere Gewässertiefe stellte sich als relevanter Strukturfaktor der Fischartengemeinschaft heraus: Mit zunehmender mittleren Tiefe verringerten sich Abundanz und Biomasse von Fischen im Litoral sowie die Artenzahl der Gemeinschaft. Der Effekt der von Makrophyten geprägten Habitatstruktur wurde durch die produktionsbiologischen und morphologischen Faktoren überlagert. Die vorgelegte Studie belegt, dass vor allem der Nährstoffgehalt und die Gewässermorphologie die Fischgemeinschaft von Baggerseen bestimmen, ähnlich wie zuvor für natürliche Standgewässer in Norddeutschland beschrieben. Geringe Wassertiefen und hohe Nährstoffgehalte in Form von Phosphor, indiziert durch vergleichsweise trübes Wasser, erhöhen der Studie zufolge die Tragekapazität der Gewässer für Fischbiomasse. Die Anlegung von Flachwasserbereichen in tiefen Baggerseen ist eine empfehlenswerte Managementmaßnahme, um die Fischbestände zu steigern.

Schälicke, S., Hühn, D., Arlinghaus, R. (2012). Strukturierende Faktoren der litoralen Fischartengemeinschaft angelfischereilich bewirtschafteter Baggerseen in Niedersachsen. Forschungsbericht des Besatzfisch Projekts, Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin, 73 Seiten


Published : 2012
Appeared in : Forschungsbericht des Besatzfisch Projekts, Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin, 73 Seiten