„Angeln – das ist nicht nur Fische fangen!“

Projekt Baggersee

Gute Beispiele für Naturschutz durch Angler gibt es nicht nur bei BAGGERSEE. Viele Vereine führen eigenständig Aufwertungen an Baggerseen durch. Aktionen, die uns häufig sehr beeindrucken. Beispielhaft haben wir einen dieser Vereine für unsere Leser interviewt.

Dem Klub Braunschweiger Fischer liegt weit mehr am Herzen als der Fisch am Haken. In allen Vereinsbaggerseen legte der Verein Biotope an. In das jüngste Projekt am Eichenwaldsee bei Harvesse flossen 20.000 € Vereinsgelder ein, damit Tiere wie Hecht, Eisvogel oder Feldhase sich ebenso willkommen fühlen wie menschliche Spaziergänger. BAGGERSEE hat den Vorsitzenden Hans Jäger zu dem Engagement seines Vereins befragt.


1. Herr Jäger, Sie sind seit 40 Jahren Vereinsvorsitzender und kümmern sich seitdem darum, dass Ihre Gewässer nicht nur zu guten Angelstellen sondern zu Naturparadiesen werden. Was war dabei Ihr schönstes Erlebnis?

Zur Vollständigkeit gehört, dass ich vor der Zeit als Vorsitzender schon 15 Jahre verantwortlicher Gewässerwart war, was mein späteres Handeln geprägt hat. Zu den schönsten Erlebnissen in dieser Zeit zählt die stetige Zustimmung der Mitglieder. Ich konnte mich immer auf sie stützen und dadurch ist nicht nur der Verein gewachsen, sondern es ist gelungen, viele neue Gewässer für die Fischerei zu erschließen. Das macht bei aller damit verbundenen Arbeit Stolz und entschädigt für die geopferte Freizeit.

2. Sie haben in allen Ihren neun Vereinsseen Biotope geschaffen. Wann ging das los und wie kam es dazu?

Das Ganze begann vor über 40 Jahren mit der Sperrung ganzer Uferabschnitte an den stehenden Gewässern für den Naturschutz. Ging dann weiter, viele Kilometer unserer Fließgewässer in das Programm mit einzubeziehen und Schonstrecken, in denen Fische ungestört laichen und sich entwickeln konnten, einzurichten. Nach dem Kauf einer Kiesgrube rückte immer erstmal der Bagger an, um das Gewässer umzugestalten. So sind zusätzliche Wasserflächen entstanden und neue Biotope wurden angelegt.

 

3. Welche Naturschutzmaßnahmen haben Sie in ihrem jüngsten Projekt am Eichenwaldsee umgesetzt und warum?

Der Eichenwaldsee ist unser letztes Projekt. Es hat mich gestört, dass sich auf Schwemmsandflächen eine Monokultur von Erlen ausbreitete und dabei die Artenvielfalt ins Hintertreffen rückte. Ich vergleiche dieses gern mit einem Maisfeld, wo auch nur eine geringe Anzahl von Tieren eine Heimat findet. Daraus entwickelte sich die Idee, das Ganze durch Kanäle aufzulockern, Verbindungen zum 15 Meter tiefen Hauptgewässer herzustellen, sodass Inseln entstehen und Fische in angebundene Teiche, die max. 1,5 Meter tief sind, zum Ablaichen ziehen können. Das Ganze unterliegt einer Betretungssperre und somit absoluter Ruhe.

4. Waren die Maßnahmen in den anderen Gewässern ähnlich?

Jedes Gewässer hat eine andere Struktur und somit Besonderheiten, aber vom Grundsatz ist es nur im kleineren Maßstab ähnlich, ohne aber überall ein kleinen Spreewald entstehen zu lassen.

5. 20.000 € flossen bislang für die Aufwertung des Eichenwaldsees ein und weitere Maßnahmen sollen folgen. Wie schaffen Sie es, Ihre 2800 Mitglieder dafür zu motivieren, Mitgliedsbeiträge für Projekte auszugeben, die weit über die klassische Gewässerbewirtschaftung hinausgehen?

Es ist richtig, am Eichenwaldsee haben wir eine Teiletappe erreicht, es ist nicht der Endstand, den wir in der Skizze zum Projekt darstellen. Ob es mir vergönnt ist dieses Ziel zu erreichen, steht in den Sternen. Gewässerausbau darf keine Frage des Geldes sein, somit ist es unerheblich welche Summen am Ende dahinterstehen. Sicher versteht jeder unter klassischer Gewässerbewirtschaftung etwas anderes, aber die Schaffung natürlicher Abläufe in einem Gewässer kommt am Ende den Mitgliedern durch Artenvielfalt und natürliche Reproduktion zu Gute.

6. Sie sagten in der Braunschweiger Zeitung neulich: „Angeln – das ist nicht nur Fische fangen!“ Was sind Ihre Erfahrungen: Sind die Angler an den ökologisch aufgewerteten Seen zufriedener?

Es ist meine feste Überzeugung, dass Angeln nicht nur Fische fangen sein sollte. Viele mit denen ich rede, sind begeistert, wenn sie erleben, dass kleine Hechte, junge Zander in Ufernähe schwimmen und sie dann erkennen, dass dafür auch die Voraussetzungen geschaffen werden mussten. Aber es gibt sicher auch Mitglieder die das anders sehen. Das muss man zur Kenntnis nehmen und damit leben. Aber es darf einen niemals von einem Ziel abbringen.

7. Gibt es auch Mitglieder, die von den Naturschutzambitionen frustriert oder deswegen gar ausgetreten sind?

Ja, es gab Stimmen, die gesagt haben, der Jäger mit seinen verrückten Umbauideen. Ein direkter Austritt, der solchen Maßnahmen an den einzelnen Gewässern folgte, ist mir nicht bekannt. Andere Ursachen dagegen schon! Aber das hat nichts mit den Biotopmaßnahmen zu tun und wäre ein völlig anderes, sicher umstrittenes Thema der Fischerei.

8. Was denken Sie: Sammeln sich in Ihrem Verein besonders naturaffine Angler?

Nein, das glaube ich nicht. Bei 2800 Mitgliedern, gibt es welche, die die Ruhe und den Naturgenuss am Gewässer lieben und darum zum Angeln gekommen sind. Es gibt aber auch die andere Seite, wo Beitrag und Fang gegeneinandergestellt wird und nur die Menge der entnommenen Fische zählt. Ich denke mir, da befinden wir uns in guter Gesellschaft.

9.  Meinen Sie, dass jeder Verein seine Gewässer ökologisch aufwerten könnte?

Jeder Verein sollte seine Möglichkeiten nutzen. Es gibt sehr gute Beispiele, wenn ich mir die Arbeit von Vereinen an Fließgewässern ansehe, da können auch wir noch lernen.

10. Welchen Rat haben Sie für andere Vereine, die gerne auch mehr Naturschutz machen würden, sich aber nicht trauen oder keine Ahnung haben, wie sie an die Sache herangehen können?

Ratschläge zu erteilen ist schwierig, wenn man die entsprechende Situation nicht kennt. Es ist mir bewusst, dass es oft ein schwieriger Weg ist und der häufig im Gestrüpp der Bürokratie endet. Wir haben nie auf Gelder von Dritten gesetzt, uns nie von bürokratischen Hindernissen abhalten lassen, sondern einfach den Mut aufgebracht, etwas anzupacken. Dazu gehören auch Niederlagen, nur dürfen diese nicht zum Aufgeben verführen.

Vielen Dank Herr Jäger!


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Schlagwörter : Gute Beispiele, Angeln und Naturschutz, Lebensraumverbesserung, Artenvielfalt,