Unterschiede im Fressverhalten und in den Futterpräferenzen zwischen Schuppen- und Spiegelkarpfen (Cyprinus carpio L.) im Labor

Bachelor

Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, Karpfenindividuen mit unterschiedlichem Domestizierungsgrad (indiziert durch Beschuppungsform, Schuppen- und Spiegelkarpfen) unter Laborbedingungen auf Unterschiede in Bezug auf Futteraufnahmeaktivität, Fressverhalten und Futterartenpräferenz zu untersuchen. Alle Versuchsfische stammten aus demselben Aufzuchtsteich einer kommerziellen Fischzucht, sodass Umwelteffekte auf die Verhaltensvariablen weitestgehend kontrolliert wurden. Die Versuchsfische wurden über einen Zeitraum von sieben Tagen an die Versuchsaquarien akklimatisiert. Im Anschluss erfolgte eine dreitägige ethologische Untersuchung, bei der jedem einzelnen Fisch per Zufall eine von drei Futterkombinationen je Versuchstag zugeteilt wurde. Neben der Erhebung von Futtertypenpräferenzen für einen der zwei Futtertypenvarianten jeder Futterkombination, wurde auch das allgemeine Futteraufnahmeverhalten anhand verschiedener Variablen quantifiziert. Getestet wurden folgende Kombinationen von Futtertypen: a) Pellet versus Pellet eingeweicht in einer Lösung mit Glycinbetain als vermeintlicher Futterstimulator, b) Dosenmais versus Pellet, sowie c) Dosenmais versus Dosenmais eingeweicht in Betain. Das Einlegen von Futterpartikeln in einer Lösung mit Glycinbetain erfolgte unter der Annahme, dass dadurch die Attraktivität des jeweiligen Futtertyps und demnach auch die Futteraufnahme gesteigert wird. Die Beobachtungen des Fressverhaltens, als auch jede der sechs Futterpräferenztests erfolgten für jeden einzelnen Versuchsfisch über einen Zeitraum von zehn Minuten. Insgesamt wurden sechs Wiederholungen des Präferenztests für jede Futterkombination durchgeführt. Analysiert wurden die Daten mit gemischten linearen Modellen mit Messwiederholungen unter Berücksichtigung des Genotypes (Schuppen- versus Spiegelkarpfen) als festen Effekt, Becken- und Anlageneffekten als Zufallseffekte und Totallänge der Versuchsfische als Kovariate. Stark domestizierte Spiegelkarpfen zeigten im Vergleich zu weniger domestizierten Schuppenkarpfen signifikant erhöhte Schwimmaktivitäten während der Fütterung sowie eine signifikant erhöhte Futteraufnahme (-intensität). Die Futterpräferenzversuche zeigten darüber hinaus signifikante Unterschiede in der Futtertypenpräferenz zwischen beiden Beschuppungsformen. Beide Karpfenformen bevorzugten Dosenmais gegenüber Pellet. Der Zusatz eines vermeintlichen Stimulators (Glycinbetain) in den Testfuttermitteln führte entgegen der Studienhypothese weder bei Schuppen- noch bei Spiegelkarpfen zu einer erhöhten Futteraufnahme. Es zeigte sich vielmehr eine Abneigung der in Glycinbetain eingelegten Futterpartikel vor, die insbesondere bei den Schuppenkarpfen ausgeprägt war. Aus den vorgelegten Ergebnissen kann geschlossen werden, dass sich im Zuge des Domestikationsprozesses unterschiedliche Verhaltensmerkmale in Bezug auf die Futteraufnahme, sowie teils unterschiedliche Futtertypenpräferenzen bei Karpfen ausgebildet haben. Die vorgelegten Erkenntnisse stimmen mit Teichstudien überein, die eine höhere Futtersuchaktivität, sowie höheres Wachstum von Spiegelkarpfen gegenüber Schuppenkarpfen identischer Herkunft nachgewiesen haben. Nicht zuletzt liefern diese Erkenntnisse einen verhaltensbasierten Beleg für die empirische Einsicht, dass in der Angelfischerei domestizierte Spiegelkarpfen besser fangbar sind als weniger domestizierte Schuppenkarpfen.

Pieterek, T. (2010). Unterschiede im Fressverhalten und in den Futterpräferenzen zwischen Schuppen- und Spiegelkarpfen (Cyprinus carpio L.) im Labor. Bachelor Thesis, Humboldt-Universität zu Berlin / Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin


Veröffentlicht : 2010
Erschienen in : Bachelor Thesis, Humboldt-Universität zu Berlin / Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin